Wissenschaftsrat fordert Open Access als Standard

Beratungsgremium bevorzugt Open Access Gold/ Verlage sollen Rolle als Publikationsdienstleister einnehmen

Der Wissenschaftsrat, das wissenschaftliche Beratungsgremium für Bund und Länder, veröffentlichte am 24. Januar 2022 seine "Empfehlungen zur Transformation des wissenschaftlichen Publizierens zu Open Access". Das Gremium setzt sich darin dafür ein, dass Open Access (OA) zum Standard für wissenschaftliche Publikationen werden soll. Die Empfehlungen stellen die Rolle heraus, die der unmittelbare freie Zugang zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen für den Fortschritt der Wissenschaft und für die Gesellschaft spielt. In dem Text stellt der Rat drei Kernargumente für die Transformation heraus, die dem Primärziel der "optimale(n) Nutzbarkeit von Publikationen" untergeordnet sind:

  1. Forschung stärken: Die Qualität der Forschung wird erhöht und der wissenschaftliche Fortschritt durch effizienten Austausch beschleunigt.
  2. Gesellschaftliche Rezeption und Transfer steigern: Wissenschaftliche Erkenntnisse sind auch außerhalb der Wissenschaft leicht zugänglich.
  3. Wirtschaftlichkeit erhöhen: Innovationsfähigkeit, Kostentransparenz und -effizienz des Publikationssytems werden gesteigert.

"Insbesondere die Hochschulleitungen sind aus Sicht des Wissenschaftsrats gefordert, sich an die Spitze der Transformation zu setzen", heißt es in der Pressemitteilung des Wissenschaftsrates zur Veröffentlichung. Sie sollen Vorbehalte gegenüber Open Access ausräumen und die Publikationsfinanzierung neu regeln. Als zentrale Aufgabe der Leitungen sieht der Rat hier die Einführung eines transparenten Informationsbudgets, um unter anderem tatsächliche Nettoverschiebungen durch die OA-Transformation einzuordnen und unausgeschöpfte Potenziale zu identifizieren.

Open Access Gold als Ziel der Transformation 

"Der Wissenschaftsrat sieht als Ziel der Transformation eine möglichst vollständige Überführung in Gold-Open Access(inklusive Diamond-OA) und empfiehlt Gold-OA als bevorzugten Weg", heißt es auf Seite 40 der Veröffentlichung. Dem entspricht die Auffassung, dass Open Access dann verwirklicht ist, wenn wissenschaftliche Publikationen sofortdauerhaft, am ursprünglichen Publikationsort und in der zitierfähigen, begutachteten und gesetzten Fassung unter einer offenen Lizenz (CC BY) frei verfügbar gemacht werden.

Das Ziel einer vollständigen Überführung in Open Access Gold unabhängig vom Geschäftsmodell erachtet der Wissenschaftsrat für Zeitschriften als zeitnah und für Monografien als mittel- bis langfristig umsetzbar. Er betont, dass "Green-Open Access [...] nur ein erster Schritt der Transformation sein und langfristig von Gold-Open Access abgelöst werden" sollte.

Verlage werden zu Publikatiosndienstleistern 

Das Peer-Review-Verfahren soll aus Sicht des Beratungsgremiums als qualitätssichernder Selektionsmechanismus Standard im Publikationssystem bleiben. Die Qualitätssicherung muss klar vom Geschäftsmodell der Publikationsdienstleistung, in deren Rolle Verlage sich künftig sehen sollten, getrennt sein. In einem Pressegespräch des Wissenschaftsrats am Montag, den 24.01.2022 betont Prof. Dr. Gerard Meijer, Mitglied des Wissenschaftsrats und Direktor am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, dass unter Open Access den Verlagen keine exklusiven Rechte mehr übertragen werden. So würden sie zu Publikationsdienstleistern werden und mit anderen Anbietern in Konkurrenz treten. Dies könne die Verhandlungsposition wissenschaftlicher Einrichtungen stärken und dazu beitragen, Innovationsfähigkeit, Kostentransparenz und -effizienz zu verbessern.

Eine Auswahl weiterer Forderungen

Des Weiteren fordert der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen unter anderem neutrale Suchmöglichkeiten zur Auffindbarkeit von Publikationen sicherzustellen – gegebenenfalls unter Verwendung öffentlicher Mittel. Zudem hebt der Rat in seiner Veröffentlichung die Bedeutung der Wissenschaftler*innen unter anderem in ihrer Funktion als Begutachtende für die Qualitätssicherung hervor. Um die Langzeitarchivierung zu gewährleisten, empfiehlt der Wissenschaftsrat, ein Netzwerk deutscher Einrichtungen mit einer vollständigen Sicherung aller weltweit offen verfügbaren wissenschaftlichen Publikationen zu beauftragen.

Das komplette Dokument "Empfehlungen zur Transformation des wissenschaftlichen Publizierens zu Open Access" lesen Sie hier: doi.org/10.57674/fyrc-vb61
Eine englische Version des Texts ist laut Wissenschaftsrat in Bearbeitung.